Humor für Kabarettgourmets

Gaienhofen – Heimat ist das, was uns vor Ort umgibt. Wenn Bernd Gnann es aufsammelt und samt einem russischen Straßenmusiker auf die Bühne mitbringt, so ergibt das den perfekten Heimatabend für Kabarettgourmets.


Der Humor liegt auf der Straße – das beweist das Prinzip seines Programms mit dem eigentlich wenig anheimelnden Titel „Die Made“. Akkordeonklänge und oberschwäbische Lebensart vereint mit Heinz Erhardt-Gedichten, dazu „Soidewürschtle“ und Biokarotten von unterwegs, ein voll besetzter Saal mit Besuchern in einer frisch eröffneten „Kabarettkiste“ in Gaienhofen – kann dieses Sammelsurium ein abendfüllendes Programm sein?

Es kann. Dank Gnann. Die Erwartungen der Besucher wurde bei der Startveranstaltung der neuen Reihe nicht erfüllt, sondern ständig aufs Neue übertroffen, Schüttelreime und Wortwitz, Pointen und Haufenreime in Heinz Erhardt-Gedichten wurden durch Gnannsche Mimik und Gestik zu einer Karikatur ihrer selbst. Sie sorgten in ihrer Zeitlosigkeit für Begeisterung im Publikum, da sie Unerwartetes ebenso kombinieren wie Bernd Gnann und Ernst Kies (alias „Igor“) am Akkordeon die oberschwäbische Nostalgie mit russisch-melancholischen Klängen mischten.

Das Publikum machteBekanntschaft mit Oma, die mit Unwegsamkeiten des Alltags wie dem „verdreckte Schittschtoi“ konfrontiert wird, mit der Milchkuh namens Bärbel, die im jüngsten Spross der Familie weiterlebt, und man begegnete dem Schicksal der Namensgeberin des Programms: der allein erziehenden Made, die den grausamen Verlust ihres einzigen Kindes erleiden muss – und der seit den 60er Jahren Millionen von Erhardt-Fans bewegt. Und man beweint im Lied gemeinsam Horst das Hähnchen, an dessen Hinrichtung das Publikumdurch synchrones „Knack“ beim Biss in eine vorher verteilte Biokarotte mitwirkt.

Die Heimat vor der Haustüre
Überzogene Nostalgie bewirkt Distanz zum eigenen Alltag und reizt in Gnanns Programm zum Lachen, jedoch ohne geschmacklos oder platt zu wirken. Und so lässt man sich gerne darauf ein, die Heimat vor der Haustüre im Film zu sehen: gedreht direkt vor der Veranstaltung von Gnann persönlich.Da werden das „Schlachtfescht“, Passanten beim Walken, skeptische Angestellte des örtlichen Supermarkts und der Inhaber des Pizzamonopols zu unfreiwilligen, zufälligen Darstellern.

Kritik aus dem Südkurier vom 11.10.2011